»Ich liebe Herausforderungen. Ja, ich brauche sie geradezu«, wird Rolando Villazón im Booklettext zu diesem Album zitiert. Es ist sein erstes Solorecital bei Deutsche Grammophon und die selbst gestellte Herausforderung des Künstlers war es, dafür kaum bekanntes Repertoire zu entdecken. Mithilfe der DG-Experten durchstöberte er Archive und spürte Trouvaillen der Tenorliteratur auf. Zwar verdankt sich der Albumtitel einem recht bekannten Stück, der Romanze »Cielo e mar« aus der Oper La Gioconda von Amilcare Ponchielli, mit der sich Villazón sogar schon auf dem Konservatorium beschäftigt hatte. Doch war es dem Künstler ein wichtiges Anliegen, dem Publikum vor allem Stücke zu präsentieren, die seiner Meinung nach unverdientermaßen zu wenig Aufmerksamkeit erhielten. In einem Interview schildert er seine Motivation:
Die Abenteuerlust des Künstlers vermittelt sich allein schon durch das Coverfoto. Mit weit geöffneten Armen steht Villazón am Strand und genießt das Spiel mit den Elementen Wasser und Luft – er scheint sich dem Moment ganz hinzugeben. Eine umfangreiche Serie ist bei diesem Fototermin entstanden. Der Berliner Fotograf Felix Broede hatte vorher bereits mehrfach Künstler der DG porträtiert und so die Basis für zahlreiche Cover geschaffen.
Doch bei dem Villazón-Auftrag lief vieles anders als geplant. Ursprünglich sollte während der Tonaufnahmen in Mailand an einem freien Tag ein Ausflug an die ligurische Küste gemacht werden, um dort das Thema »Himmel und Erde« adäquat umzusetzen. Da an diesem Tag Mitte März 2007 zwar die Sonne strahlte, jedoch ein kalter Wind wehte, beschloss man, die Gesundheit des Künstlers zu schonen, die aufwendigen Aufnahmen mit Orchester nicht durch eine Erkältung zu gefährden und die Fotosession um einige Monate auf wärmere Tage zu verschieben. So traf man sich bei perfekten Bedingungen im Juni wieder, diesmal in Barcelona.
Ein kleines Team fuhr mit dem Künstler an die Küste und fotografierte ihn zunächst, ganz in Weiß gekleidet, in den baumbestandenen Dünen.
Nach einem Outfitwechsel ging es direkt an den offenen, menschenleeren Strand. Das Meer wurde zur Bühne, die Wolken des heraufziehenden Gewitters bildeten den Bühnenprospekt. Ganz unmittelbar setzte sich Villazón den Naturgewalten aus, ließ sich von ihnen verführen. Erst spazierte er noch im Sand an der Wasserlinie entlang, dann wagte er sich immer weiter ins Meer vor, fing dabei an zu singen und sprang schließlich voll Übermut in die Wellen, tanzte mit ihnen und ließ sich von der Gischt durchnässen – ohne Rücksicht auf den feinen Designeranzug.
Da ist sie wieder, die eingangs erwähnte Lust an der Herausforderung. Tenöre müssen nicht immer im Galaoutfit im Konzertsaal fotografiert werden, sie dürfen auch ausgelassen wie ein Kind am Strand toben. Dass Villazón neben der sprühenden Lebensfreude auch nachdenkliche, ja dramatische Facetten präsentiert (sowohl musikalisch als auch visuell), macht die Besonderheit dieses Debüts bei Deutsche Grammophon aus: Ein Künstler, der die ganze Vielfalt der Gefühle zwischen Himmel und Meer ausdrücken kann, offenbart sich auf cielo e mar.